Steinbruch bei Assmannshausen

Ein Gemeinschaftsprojekt der NABU Gruppen Rheingau und Untertaunus

An den Hängen des Taunus und des Rheingaugebirges wurden in den letzten Jahrhunderten verschiedenste Bodenschätze abgebaut. An vielen Stellen wurden Stollen in das Erdreich getrieben, um Schiefer abzubauen, an anderen Gesteine im Tagebau gewonnen.

Ein solcher ehemaliger Steinbruch befindet sich auch in der Nähe von Assmannshausen, unweit des Rheinsteiges. Die Gewinnung von Quarzit wurde hier bereits vor Jahrzehnten eingestellt, wahrscheinlich war der Abbau nicht mehr rentabel. So konnte sich die Natur wieder ausbreiten, Flora und Fauna die Flächen der Abraumhalden zurück erobern.

Solche Flächen sind seltene und wertvolle Biotope, die ganz bestimmten Tieren und Pflanzen einen artgerechten Lebensraum bieten. Doch diese ehemals offene Fläche in einer durch Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaft droht nun durch Bewuchs von Bäumen und Sträuchern zu verschwinden.

Die beiden NABU-Gruppen Rheingau und Untertaunus haben es sich zum gemeinsamen Ziel gesetzt, dieses kleine Naturjuwel teilweise von Bewuchs zu befreien und in seiner kargen Form als besonderes Habitat zu erhalten. Thomas Burckard, 1. Vorsitzender der NABU-Gruppe Rheingau, der die Pflegemaßnahmen leitet, stellte sich einigen Fragen zu Sinn und Ziel dieses Projektes.

 

Weiter fachliche Unterstützung erhielt das Projekt durch den für Naturschutz zuständigen Bereichsleiters des Forstamtes Rüdesheim, Martin Schlimmermann.


Interview mit Thomas Burckard

 

 

Thomas Burckard

 

 1. Vorsitzender der NABU Gruppe Rheingau

http://www.nabu-rheingau.de

Herr Burckard, des NABU versteht sich heute als Umweltschutzorganisation mit themenübergreifendem Anspruch, worin sehen Sie den besonderen Wert gerade dieses Projektes?

 

Natur hat immer dann eine besonders hohe Artenvielfalt, wenn es unterschiedliche Biotoptypen in mosaikförmiger Vernetzung gibt. Der Steinbruch, der ehemals ein Eingriff in die Natur darstellte, ist heute ein Netzwerk vieler Biotope. Von Gebüschsäumen, schattigen Waldstücken bis zu sonnenheißen Felsbereichen und Steinrosseln. Mit der Schnittaktion stellen wir die warmen Bereiche wieder frei, was wärmeliebenden Arten nützt.

 

Welche Vorbereitungen waren erforderlich, bevor das Projekt starten konnte?

 

Dieses Projekt geschieht in Abstimmung mit Herrn Schlimmermann von HessenForst, dem wir für die Unterstützung danken. Weiterhin gab es sowohl in der NABU Gruppe Untertaunus als auch in der NABU Gruppe Rheingau genug interessierte Mitglieder, die anpacken wollten. Bei einer so großen Fläche kann ein Mensch allein nicht viel ausrichten. Uwe Müller vom NABU Untertaunus hat für das Projekt geworben und erfolgreich nach Unterstützern gesucht. Zusätzlich brauchen wir einsatzfähiges Material. (Motorsägen, Handsägen, Astscheren, Seile,...)

 

Welche Pflanzen und Tiere sind auf solche Flächen gerade im Rheingau angewiesen und gibt es bereits erste Erfolge Ihrer Arbeit?

 

Das Mittelrheintal ist ein Hotspot wärmliebender Tier- und Pflanzenarten. So gibt es Eidechsenarten, Schlangen und Vögel, die die offenen Flächen zum Aufwärmen und für die Nahrungssuche nutzen. Eine ausreichende Vielfalt unterschiedlicher Biotope unterstützt das. Da wir gerade erst mit dem Freischneiden angefangen haben, werden wir vielleicht im Sommer erste Anzeichen einer Artenverschiebung erkennen können. Wir rechnen mit einer höheren Population an Mauereidechsen, vielleicht einer Smaragdeidechse, wenn es gut läuft. Zippammer, Wanderfalke und Uhu sind Vogelarten, die sich für den wieder etwas offeneren Steinbruch interessieren könnten.

 

In welchem Zusammenhang steht die von Ihnen betreute Fläche zu den umliegenden Hängen des Rheingaus?

 

In den letzten Jahren haben mehrere Winzer wieder ehemals zugewachsene Rebstücke neu aktiviert. Das geschah auch in der Umgebung des Steinbruchs. Weiterhin bildet die hohe Sonneneinstrahlung und die abwechslungsreiche Landschaft eine hohe Garantie für Artenvielfalt. Das Mittelrheintal wimmelt von Wäldern, Gebüschen, Felsköpfen, Steinrosseln, offenen Wiesenflächen, schattigen Bachtälern. Der Steinbruch ist ein kleiner Teil in diesem Mosaik.

 

Wie aufwändige sind solche Maßnahmen und wer setzt sie im NABU um?

 

In den NABU Ortsgruppen werden handelnde Mitglieder immer seltener. Wir brauchen aber junge, tatkräftige Menschen, die Spaß an der körperlichen Arbeit in schutzwürdigen Biotopen haben. Deshalb besteht die größte Herausforderung in der Motivation von Mitgliedern. Dazu gehört natürlich auch eine intensive Pressearbeit, um auf mögliche Einsatzstellen hinzuweisen. Die Aktion selber ist dann oft auch eher als „gemeinsame, sinnvolle Freizeitbeschäftigung“ zu verstehen. Dass nebenbei gearbeitet wird, vergisst man schnell bei der guten Kameradschaft, dem gemeinsamen Erleben und einem eventuellen vom NABU gesponserten „Snack“. Und ganz wichtig ist auch, dass kein Leistungsdruck herrscht. Jeder kann mithelfen, für jeden gibt es eine entsprechende Aufgabe. Wir freuen uns auch sehr über mithelfende Kinder und Jugendliche.

 

Wie wollen Sie die Flächen dauerhaft für die Natur bewahren, welche Maßnahmen sind hierfür notwendig?

 

Für die Natur brauchen wir den Steinbruch nicht zu bewahren. Er ist schon Natur und wird es immer sein. Der Mensch kann eingreifen und menschengemachte Biotope schaffen. Diese Biotope müssen dann mit Pflegemaßnahmen erhalten werden. Der Steinbruch liegt in einem FFH-Gebiet. Dafür gibt es Pflegepläne, die alle zehn Jahre zwischen den Naturschutzbehörden und dem Forst abgesprochen werden. Ohne ein schlüssiges Konzept für diesen Steinbruch und ohne weitere Pflegearbeiten, würde er in wenigen Jahren wieder genauso zuwachsen, wie wir ihn im Oktober 2017 angetroffen haben.

Herzlichen Dank für dieses Interview und viel Erfolg bei der Fortführung des Projektes.

Hinweis:

Die Bezeichnung „FFH“ steht für Fauna-Flora-Habitat und bezeichnet Gebiete, die zum europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 zählen. Für ihre Ausweisung als europäisches Schutzgebiet müssen sie den Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU entsprechen.